11/29/2006

Die Freiheit der Studenten
















Nachdem die Seite des StudiVZ (Studentenverzeichnis), die das amerikanische Vorbild facebook nachahmt, sich in kürzester Zeit mit tausendfachen sign-ins in den Mittelpunkt des Interesses der Studenten, wie auch der Medien bringen konnte, zeigt sie nun ihr anderes Gesicht. Datenschutzprobleme, Naziwitze und seltsame Neigungen der User und Organisatoren machen den studentischen Kontaktspaß zur problematischen Angelegenheit.
Inzwischen ziehen sich bereits immer mehr Studenten aus dem Netzwerk zurück. Gründe gibt es genug. Auf blogbar.de wurde bereits berichtet: Über die Naziwitze von StudiVz Mitbegründer Ehssan Dariani, über die Datenschutzfrage und nicht zuletzt über die sexistischen User bzw. Mitarbeiter beim StudiVZ. Feine Gesellschaft also. Einen schönen und kürzeren Überblick für diejenigen unter Zeitdruck bietet im übrigen SPIEGELonline: hier und da.
Und seit heute morgen, mal wieder nur dasselbe Bild beim Klick auf die Homepage des StudiVZ: Seiten-Ladefehler. Besser so?

11/25/2006

Wem´s Spaß macht,

...höchstrichterlich feststellen zu lassen, dass die Landesregierung selbstverständlich Gebühren erheben darf und/oder die Klage aus tausendundeinem Grund nicht angenommen werden kann, muss da irgendwo unterschreiben.... Wer darauf verzichten kann oder der "französischen" Meinung ist, dass sowieso nicht zehn- oder hunderttausende Menschen sich von einer Handvoll RichterInnen oder Abgeordneten ihr Leben vorzuschreiben lassen haben, kommt einfach zur nächsten Demo am 30. November um 14 Uhr auf den Campus Frankfurt und rockt."

Schreibt ein mir bekannter, des Schreibens, Denkens und Barrikadenbaus mächtiger Gebührengegner in einer e-mail. Mit "da irgendwo unterschreiben" meint er die Verfassungsklage, die - wer sich schon nicht traut, auf die Straße zu gehen - dann doch zumindest und wenigstens unterschreiben und abschicken sollte. Es gibt übrigens an anderen Unis ebenfalls Aktionen. In Darmstadt wird beispielsweise eine Laterne umgezogen oder so. Ich fahre nach Frankfurt!

11/24/2006

Klares Votum für Alles

Kungelsbach (ozm). Eine richtig fette Scheißspießer-Veranstaltung war die Hauptversammlung des Vereinsrings Kungelbach. Der fetteste von allen Spießern war der Bürgermeister und der belästigte die Leute, die entweder in Tracht oder mit Schlips gekommen waren und denen der Rollmops aus der Küche des Kungelbacher Altenheims, der in der Pause der Veranstaltung gereicht worden war, teils geschmeckt, teils ein bisschen auf den Magen geschlagen hatte, eine Stunde oder länger mit einer Wahlkampfrede, in der er mitteilte, dass er ein ganz toller Hecht (und keinesfalls, wie es doch den Anschein machte, ein Rollmops) sei und das Demokratie immer dann schlecht ist, wenn er sich nicht durchsetzen kann. Meistens kann er sich aber durchsetzen, weil seine Partei die absolute Mehrheit im Stadtparlament hat und die hat sie deshalb weil seine Partei, die einmal angetreten war den Kapitalismus zu überwinden und jetzt nur noch von Spießern gewählt wird, alle Vereine im Ort besticht. Deshalb gibt es ja auch ebenjenen Vereinsring, die Bestechung erfordert dann wesentlich geringeren – wie man heute sagt – logistischen Aufwand. Alle Kungelsbacher, die wählen gehen sind nämlich in Vereinen.
Der Rest – etwa ein Drittel der Bevölkerung ist von jeder demokratischen Teilhabe ausgeschlossen, da die Bundesrepublik Deutschland bekanntermaßen ein strukturell rassistisches Land ist. Dieses Drittel stammt nämlich nicht aus einem Herrenrassen- oder zumindest aus einem südeuropäischen Land – wo ja immerhin zweitklassiges genetisches Material vorgehalten wird. Das inzwischen die Polen mitwählen dürfen ist für die meisten Kungelsbacher, die alle am Flughafen arbeiten und den Bau der Startbahn West toll fanden, jetzt aber den der Landebahn Nordost schlecht, was sich bei einem Blick auf die geographische Lage Kungelsbachs leicht erklären lässt, das also jetzt auch schon die Polen mitwählen dürfen finden sie nicht so lustig, aber zumindest gibt es in Polen keinen Hub-Flughafen, der der FIRMAPORT Konkurrenz zu machen in der Lage wäre, also sind die nicht ganz so schlimm wie die Bayern, denn da gibt´s einen solchen Hub. Die Polen allerdings, vielmehr die Polinnen, sollen allerdings lieber weiterhin bei ihnen daheim saugen und blasen – die Kungelsbacherinnen erledigen nämlich überwiegend nur eine Hälfte dieses der Frau zugedachten Spektrums an Aufgaben, weswegen man sie auch lautstark verbessern und sich unterhalten darf wenn eine Kungelsbacherin in den öffentlichen Raum eindringend meint, eine Rede halten zu sollen. Wählen gehen müssen jedenfalls die Polinnen nach überwiegender Ansicht nicht. Das könnte am Ende noch die absolute Mehrheit der SPD im Kelsterbacher Stadtparlament beenden, was verheerend wäre, da ja dann die regelmäßigen Bestechungsleistungen für die Kungelsbacher Vereine nicht länger gesichert wären.
Der Vorstand des Vereinsrings wurde im Übrigen bestätigt – einstimmig. Nach Informationen, die ozmataz mediaservices vorliegen könnten wenn sie wollten, war das auch schon vorher so ausgemacht gewesen. Der Bürgermeister bekannte sich daher, nachdem sich außerdem abzeichnete, dass er mit aufs Pressefoto des neuen, alten Vorstands durfte, „vorbehaltlos“ zur Demokratie .

11/11/2006

Die Mauer muss weg!

Es stand auf ein und demselben Stück Papier, auf den Seiten vier und fünf der Süddeutschen Zeitung vom 30. September 2005: 239 Menschen starben an der deutsch-deutschen Grenze stand auf Seite fünf, weit über 2000 Menschen jedes Jahr sterben bei dem Versuch in die EU zu gelangen war auf Seite vier zu lesen.

Was wurde in den siebziger und achtziger Jahren über die bösen Kommunisten geschimpft, die an der Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten auf Flüchtlinge schossen. Hier zeigt der Kommunismus sein böses Gesicht – so wurde es in der Westpresse immer dargestellt. Natürlich ist jeder einzelne dieser 239 Morde eine schlimme Tragödie und kein Mensch käme auf die Idee das Einsperren von Menschen durch eine Mauer gutzuheißen. Eine Sache allerdings sollte uns stutzig machen: Während die deutsch-deutsche Mauer längst düstere Geschichte ist, sind Grenzzäune und Schüsse auf Flüchtlinge brandaktuell.

Ceutá und Melilla sind zwei kleine Hafenstädte, die an der afrikanischen Mittelmeerküste liegen aber politisch zu Spanien gehören. Weil Afrikaner, die es einmal auf spanisches Hoheitsgebiet geschafft haben, eine gewisse Chance haben in die EU einreisen zu dürfen oder sich unentdeckt weiterschleichen zu können, würden natürlich viele bitterarme Flüchtlinge sehr gerne in diese beiden Orte reisen. Dürfen sie aber nicht. Die Länder der EU, also die kapitalistischen Länder, also in der Kalter-Krieg-Sprache die Guten, haben in jeder der beiden Städte die Grenzen mit zwei Zäunen von drei bis sechs Metern Höhe, aufwendigen Anlagen zur Beleuchtung und reichlich Wachtürmen verstärkt. Diese dunkelhäutigen Mitmenschen sind nicht willkommen, sie müssen draußen bleiben. Trotzdem versuchen in jedem Jahr hunderttausende nach Europa zu gelangen. Viele wollen dazu über die spanischen Zäune klettern, was nur den Allerwenigsten gelingt. Seit Ende September haben sie neue Methoden entwickelt, rennen zeitgleich in Massen zu den Zäunen, damit es wenigstens ein paar schaffen. Die spanischen und marokkanischen Grenzschützer setzten seitdem Hubschrauber und Gummigeschosse ein, mindestens ein Dutzend Menschen – darunter ein Baby – wurde innerhalb einer Woche entweder erschossen oder zu Tode getrampelt, ein Mann riss sich beim Sprung vom Zaun die Halsschlagader auf. Und die Bilder, die wir in der Tagesschau oder den Zeitungen von diesen Tragödien sehen, zeigen in Wahrheit nur die Spitze des Eisbergs. Menschenrechtler schätzen, dass jedes Jahr über zweitausend Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa sterben, sie ertrinken im Meer, verdursten in der Wüste, sterben an Krankheiten. An der Grenze zwischen Mexiko und den USA ist es natürlich nicht anders.

Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, um sich auf den tausende Kilometer weiten Marsch von sagen wir Uganda durch die Sahara bis nach Marokko zu machen, nur um dort die so unglaublich geringe Chance zu haben unter Lebensgefahr ein Land zu erreichen, in dem er (oder sie) nicht erwünscht ist und ständig mit Nazi-Attacken oder Abschiebung rechnen muss? Welche Zukunft sieht eine Mutter für ihr Baby, wenn sie bereit ist, beim Ansturm auf einen Grenzzaun ihr Leben und das ihres Kindes aufs Spiel zu setzen? Wie sehr muss ein Mensch leiden, um das Alles in Kauf zu nehmen?

Die Gründe für die bittere Armut in Afrika sind bekannt. Wenn auch nicht alles mit dem Wirken des bösen, reichen Nordens erklärt werden kann, so legen die Konzerne und Regierungen aus Deutschland und anderen Industrieländern doch die Grundlagen für das Elend: Die Konzerne schicken Waffen für die Bürgerkriege und erpressen die Bauern durch Saatgutpatente; Die Regierungen zahlen immer noch weit weniger Entwicklungshilfe, als sie von den armen Ländern an Kreditzinsen bekommen; durch sogenannte Hilfslieferungen und subventioniertes EU-Getreide können die afrikanischen Bauern nicht mal im eigenen Land Käufer finden. Die Folge: Die armen Länder bleiben erpressbar – so ist es politisch auch gewollt.

40 Millionen Euro Soforthilfe hat die Europäische Union wegen der Flüchtlings-Katastrophe an ihrer Grenze sofort zugesagt. Der Menschenfreund atmet auf. Gibt es jetzt Wasser und Zelte für die massenhaft in die Wüste abgeschobenen Flüchtlinge, die es über die Grenze geschafft hatten? Blödsinn und Träumerei: Das Geld wird für eine dritte Zaunlinie ausgegeben. Am Fuße dieses Zaunes werden sie wieder Stacheldraht-Rollen befestigen – wer rüber machen will, kann sich da dann aufschlitzen lassen.

Hier zeigt der Kapitalismus sein böses Gesicht. So wird es zwar in der Westpresse nicht dargestellt – aber so ist es!


„Das Mittelmeer ist zum Glück so breit, dass man nicht einfach Brücken darüber bauen kann... Nein, dieses hochmütige Europa hat nichts Heimeliges und schon gar nichts Einladendes mehr. Gerade müssen es wieder diejenigen erfahren, die in Marokko am Nato-Draht ihr Leben riskieren, einen Fuß dafür geben, um hier zu sein.“

... schreibt Hilal Sezgin, eine in Frankfurt geborene Deutsch-Türkin in der Frankfurter Rundschau.