12/27/2006

Noch ein Weihnachtshasser

Ich bin zwar eigentlich kein Weihnachtshasser, aber direkt erfüllt hat mich der diesjährige Heilige Abend auch nicht...
Eine rhetorisch-literarisch geschliffene Weihnachts-Ablehnung von Donna San Floriante veröffentlichte die Zeitung junge Welt in ihrer heutigen Ausgabe. Dreisterneempfohlen!

Mal sehen, wie tiefgründig ich mich an Silvester fühlen werde!?

12/25/2006

Hitler war´s!

Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (heißt: Lobby der Volksdeutschen, die nach dem 2. WK aus Polen, Tschechien, etc. rausgeschmissen wurden, weil sie pauschal als Nazis oder zumindest potentielle Deutschnationale gesehen wurden, was wiederum annähernd korrekt war) ist auch Sprecherin der CDU-Bundestagsfraktion für Menschenrechte. Ich erfinde das nicht, die Frau heißt Steinbach.
Wie ich aus meiner Leib- und Magenzeitschrift Konkret erfahre, sagte sie auf die Frage des Organs für belangloses Zeugs "Kirche in Not" "Diejenigen, die dann in Lagern gefoltert und umgebracht wurden, waren Zivilisten (Sie meint die Deutschen und übertreibt nebenbei schnell noch deren Opferzahlen), das widersprach der Haager Landkriegsverordnung von 1907 (Jede Rhetoriktrainerin weiß: wer zahlen nennt, bekommt Recht), in der ausdrücklich steht, daß auch im Laufe eines Krieges die Zivilbevölkerung und ihre Kulturgüter geschützt werden müssen. Hitler hat sich daran nicht gehalten, aber am Ende des Krieges haben sich die anderen Staaten auch nicht daran gehalten, (...)"
Hier soll nicht gezeigt werden, dass Steinbach findet, wer Nazis erschießt, vertreibt oder gar hart arbeiten lässt ist genauso böse, wie organisierte Judenmörder. Hier geht es um den Satz: "Hitler hat sich nicht daran gehalten."
Dazu möchte ich aus gegebenem Anlass folgende zeitgeschichtlich-autobiographische Note beifügen: "Als ich aufhörte an den Weihnachtsmann zu glauben, ich war damals ungefähr sechs Jahre alt, geschah dieses vor allem anderen, deshalb, weil mir schlagartig bewusst wurde, dass dieser ja keineswegs alle Kinder auf der ganzen Welt in einer Nacht beliefern konnte. Nachdem ich dieses logistische Dilemma dieses Wohltäters einmal erkannt hatte, tat jener mir zunächst leid. Im Laufe der Sinnierungen jedoch, kamen ernsthafte Zweifel an der generellen Existenz des Mannes vom Nordpol auf."
Hitler brachte gar nicht die Geschenke in jedes Haus von Danzig bis Moskau. Hitler passte gar nicht durch den Schornstein!
Erika Steinbach und mit ihr (fürchte ich zumindest) die Mehrheit der Deutschen, glaubt demnach auch noch an den Weihnachtsmann. Hitler war´s!

12/19/2006

Ma saangn: cacatum non est scriptum

Der Kurt Tucholsky hat den Günther Grass gekannt:

"Vieles davon ist nun in die Hände dummer Heimatdichter gefallen, die der Teufel holen möge - scheinbar gutmütige Bürger, unter deren rauchgeschwängerten Bärten der Grog dampft und die die kraftvolle Männlichkeit ihrer alten Sprache in einen fatalen Brei von Gemütlichkeit umgelogen haben -: Oberförster des Meeres. Manche haben sich den Bart abrasieren lassen und glauben nun, wie alte Holzschnitte auszusehen - aber es hilft ihnen nichts; kein Wald rauscht ihnen, kein Meer rauscht ihnen, ihnen rauscht der Bart. Ihre Gutmütigkeit verschwindet im Augenblick, wo sie etwas verwirrt in die neue Zeit starren und auf den politischen Gegner stoßen; dann krabbelt aus ihnen ans Licht, was in ihnen ist: der Kleinbürger. Unter ihren Netzhemden schlägt ein Herz, im Parademarsch." (Schloß Gripsholm)

Der Kurt Tucholsky hat jedenfalls erkannt, dass nicht jeder Dichter ein Intellektueller ist, nur weil er schwammige Sätze aneinanderschreiben kann. Ist hiermit aufgenommen in den Merksatz-Kanon.

12/16/2006

Vollgekotzt im Seminar

Wenn ihr das nächste mal von oben bis unten mental vollgekotzt aus einem Seminar, einem Kurs oder einer Fortbildung kommt, empfehle ich folgenden Link, danach geht es euch zwar nicht besser, aber die Sicht klärt sich ein wenig. Und das ist ja nun immer der erste Schritt in die richtige Richtung. Zwar hat der Don hier nicht analysiert, sondern vernichtet. Aber eine gute Vernichtung hat noch keiner Auswirkung des Schweinesystems geschadet.
Wenn ihr dann fertig analysiert habt, reden wir über den Wahrheitsgehalt der Aussage (Vernichtung und so). Moralische Bedenken bzgl. des Begriffs können gerne hier geäußert werden.

12/13/2006

you, killed my brother, last winter

Ihr habt es wohl gelesen, gehört oder gesehen: Augusto Pinochet starb am Sonntag in Santiago de Chile. Ihr wisst aber nicht viel über ihn, behaupte ich, denn es ist ja nur ein kleines Land am anderen Ende der Welt, das er siebzehn Jahre lang mit blutiger Effizienz unterdrückt hat.
Chiles Militärdiktatur und ihr Anführer Augusto Pinochet waren und sind aber wichtig, weil sie Symbole sind. Das behaupte nicht ich, das haben wirtschaftsliberale Fans des Nachtwächterstaates seit 1973 immer wieder behauptet. Was war ´73? Da wurde der Präsidentenpalast bombardiert, die gewählte Regierung um den Sozialisten Salvador Allende weggeputscht und alle Anführer der Linken, die nicht rechtzeitig rauskamen, ermordet, beinahe alle anderen Linken wurden gefoltert oder eingesperrt. Warum finden die Menschen, die uns den schlanken Staat und die Eigenverantwortung des Bürgers anempfehlen dennoch, das Chile ein Symbol sei? Weil dort erstmals die reinen Lehren des neoliberalen Messias Milton Friedman ohne den störenden Einfluss von Demokratie ausprobiert werden konnten. Die Folgen können bei Michael A. Chossudovsky nachgelesen werden. Hier nur in aller Kürze: Es hat was mit Hunger, Rechtlosigkeit und Monster-Profiten zu tun. Der großen Masse der Leute ging es also schlecht, die Reichen konnten endlich wieder in Ruhe ihren Reichtum steigern und genießen und die Mittelschicht (wasimmer das genau sein soll) hatte zwar keinerlei Rechte mehr, aber endlich wieder Ruhe vorm Gartenzaun (die nervigen Demonstranten waren ja aus 1000m Höhe ins Meer geworfen worden oder hatten Angst, dass sie bald geworfen würden).
Seit 1990 gibt es in Chile wieder Demokratie - keine richtige, auch keine halbe so wie hierzulande - aber immerhin.
Doch nach wie vor wünschen sich viele Chilenen ihren großen Führer zurück, warum? Na, zum Beispiel, weil wieder keine Ruhe vorm Gartenzaun ist. In anderen Ländern machen diese verrückten Untermenschen (die mit roter, schwarzer, brauner oder sonst unnatürlicher Haut) schon wieder Revolutiönchen, die Sozis, die in Chile gerade regieren, wollen zumindest die Halb-Demokratie wieder herstellen und vorm Gartenzaun nerven jetzt Schüler, die sich fragen warum manche sich internationale Privatgymnasien leisten können, andere nicht mal den Bus zur Schule.

Kürzer ging´s nicht, hoffe die geneigte Leserin teilt jetzt meine Meinung, dass es sich bei Chile um eine sehr interessantes Land handelt.
Wirklich interessant ist es, sich durch den wundervollen chilenischen Film "Machuca - Mein Freund" über das Chile der Siebziger informieren zu lassen.
Anmerkung: Für die Links zu Amazon bekomme ich gar nix, Chossudovsky gibt´s auch bei Zweitausendeins und wer genau angeben kann, wo im Rhein-Main-Gebiet sich ein Salvador-Allende-Platz befindet, darf sich bei mir die Machuca-DVD ausleihen.