1/31/2007

Liebe Frau Batz, ihre Qualifikation steht außer Frage. Aber mit diesem Freundeskreis...

"Ich finde das nicht so schlimm." "Erfasst werden unsere Daten von der Geburt bis zum Tod. Ist eben so!" "Ich habe schließlich nichts zu verbergen." Solche und ähnliche Einträge trafen auf meiner Pinnwand zahlreich ein, nachdem ich auf den Pinnwänden anderer Leute für meinen Beitrag über die Daten-Krake studiVZ geworben hatte. Dass mein Argument, ein freier Mensch sollte sich nicht freiwillig überall in digitale Ketten legen lassen, nicht bei jedem auf fruchtbaren Boden fallen würde, war klar. Das ist auch nicht schlimm. Meinungen, wie die oben zitierten sind zwar meiner Meinung nach die Meinungen von Menschen, die sich arrangiert haben. Arrangiert mit dem unteren Mittelmaß an persönlicher Freiheit und Selbstbestimmung, das sie gewohnt sind. Aber: es sind ihre Meinungen, also bitte!
Wer aber seine Freiheit nicht aus Prinzip lieben möchte, das studiVZ (und vieles andere on- und offline) also nicht schon aus fortschrittlichen und freiheitlichen Gründen meidet, der sollte es sich vom rein betriebswirtschaftlichen Standpunkt trotzdem genau anschauen: beim Don, dem in dieser Sache nicht genug gedankt sein kann, und auf dieser Neuentdeckung.
Netter Nebeneffekt dieser verschwurbelten Argumentation: Die BWLer und artverwandten, die andere Meinungen gelten lassen, haben bis hierher weitergelesen und werden mit Karriere-Beschleunigung nicht unter drei Jahren belohnt. Wir bloggen auch für Euch!

P.S.: Dank an den geheimnisfreien Lasseter für die Links

1/18/2007

Über Macht und Strafbarkeit

Peter Hartz, der erfolgreichste Arbeitnehmer-Verarscher dieser grunddemographischen, Verzeihung, demokratischen Republik wurde gestern in erster Instanz verurteilt den Betriebsratsvorsitzenden (= oberster Vertreter der Interessen der Lohnabhängigen) von Volkswagen Sonderboni gezahlt zu haben. Genau genommen wird Hartz Untreue vorgeworfen, das arme Opfer ist also in dieser Logik der Konzern VW, nicht die von ihrem Vertreter im Stich gelassenen Lohnabhängigen. Zu sagen, warum er ihn bestochen hat, dazu wird ihn das Gericht höchst wahrscheinlich nicht zwingen; Und wenn doch werden die Medien sicher höflich darüber schweigen, sie sind sehr höflich in solchen Fragen. Wir können es uns aber denken, warum ein Arbeitgeber seinem Verhandlungspartner, dem Arbeitnehmerinteressenvertreter, Best..., Verzeihung, Sonderboni zahlte.
Eins noch bevor´s losgeht: Die ZEIT bescheinigt sowohl Hartz als auch seinem Anwalt höchste Redegewandtheit.
Im Übrigen habe ich auf googlenews nix wirklich hilfreiches zu dem Komplex der Bestechung zwecks Vorteilsnahme im Klassenkampf gefunden. Dafür in einem aktuellen Kommentar des Publizisten Aristoteles. Er schreibt in der Reclam Universal-Bibliothek: "Am ehesten für für fähig, straflos Unrecht zu tun, halten sich diejenigen, die reden können, Männer der Tat und prozeßerfahren sind, falls sie dazu noch viele Freunde haben und reich sind. (...) Denn so kann man handeln, verborgen und unbestraft bleiben; ferner, wenn man mit den Opfern oder Richtern befreundet ist, denn (Richter sind) denen gewogen, mit denen sie befreundet sind, sprechen sie entweder vollständig frei oder bestrafen sie nur geringfügig." (Rhetorik S. 58)


A Bribe from the Box. Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft.

1/14/2007

Politische Graffiti mal anders

Eine bezaubernde Idee hat der Che-Blogger. Da werden Sie sich aber ärgern, die aus der Heimat vertriebenen und die aus der Heimat vertreiber! Hier weiterlesen...

1/05/2007

Stecker raus!

Plädoyer für eine Identitäts-Löschung


In den heißen Sommertagen des gerade vergangenen Jahres wurde ich Mitglied bei einem Portal, dass sich die Vernetzung von Studenten auf die Fahnen geschrieben hat. Das sei eine gute Sache, glaubte ich. In den verschiedenen Themengruppen müsse sich bestimmt interessant debattieren lassen, vermutete ich. Auf den (damals noch) sehr ausführlich geführten Profil-Seiten ließe sich bestimmt einiges über ungeliebte Kommilitonen herausfinden, hoffte ich.
Die entscheidende Frage, die ich mir bei so vielen Vermutungen und Wünschen nicht stellte (und das ist eine Selbstbezichtigung, denn ich mache das sonst notorisch), ist für mich heute die nach der Motivation: Warum machen die das? Was springt für die Macher von studiVZ dabei heraus, wenn ich meine Identität ihnen und der vernetzen deutschsprachigen Studentenschaft zu Füßen lege? Ich dachte diese Frage nicht. Vielleicht ließ ich mich von der angenehmen Abwesenheit von Werbebannern blenden, vielleicht waren meine bisherigen Erfahrungen mit neuartigen Internetmedien zu gut. Es ist egal, ich war blöd. Als mir nach und nach bewusst wurde, was das für ein Ding ist (kein schlechteres Unternehmen als die meisten anderen auch: also ein mieses) sagte ich mir erst, ich müsse in den "guten" Gruppen Präsenz zeigen, später dann, ich wolle über meine Profilseite und Kommentare Werbung für dieses Weblog machen. Das war alles Selbstbetrug. Voyeurismus ist der einzige Grund für mein und unser Verweilen im studiVZ. Es gibt keinen Grund, interessierten Käufern unsere Daten zu schenken. Es gibt keinen Grund, Mitarbeitern des Verfassungsschutzes die Schätzung der Gruppengröße von Antifas, Öko-Aktivisten oder sozialistischen Studenten zu erleichtern. Es gibt keinen Grund, einem Unternehmen das Marketing zu erleichtern, indem hunderttausende von Bites für den Austausch über die schönsten Erinnerungen an Barbie oder Playmobil verschwendet werden, indem sich Menschen mit Hang zur Spielsucht darüber austauschen, worauf sie am liebsten wetten und so fort.
Warum also bleiben wir da noch? Jetzt, wo auch noch das Gefühl, der Schein von "Projekt von Studenten für Studenten" weggefallen ist. In dieser Woche übernahm das Medienkonglomerat Holtzbrinck (Zeit, Handelsblatt) das studivz. Ein Holtzbrinck-Sprecher sagte der taz, man hoffe langfristig darauf, studiVZ durch gezielte Werbung an die User kostenfrei und gewinnbringend betreiben zu können.
Wer aber gezielt Konsumenten ansprechen will, der muss auch deren Angaben gezielt auswerten. So könnte die Weitergabe unserer Daten an Dritte vermieden werden (was ja in der Satzung/Mitgliedsvereinbarung ausgeschlossen wird) und gleichzeitig diese Daten eben doch zu kommerziellen Zwecken genutzt werden, indem das StudiVZ sich stellvertretend für werbende Unternehmen an seine Mitglieder wendet. Aber auch andere, netzethisch noch bedenklichere, Möglichkeiten der Vermarktung unserer Privatsphären sind denkbar. Alex Rühle schreibt dazu zusammenfassend im Aufmacher des Feuilletons der Süddeutschen Zeitung an diesem Wochenende: "(Für) Investoren wie den Mogul Murdoch, der MySpace (Netz-Plattform mit ähnlichem Konzept, oz) für 580 Millionen Dollar kaufte oder den Verlag Holtzbrinck sind all die 'Freunde' auf solchen Portalen nur als Wirtschaftsfaktor interessant. MySpace lässt heute schon ahnen, wie man digitale Freundschaften zu Geld macht: Jede Interessengruppe ist dort so etwas wie ein Mikromarktsegment, die User fächern sich freiwillig für die Marktforschung in ihre verschiedenen Konsumvorlieben auf - und sind dabei auch noch für die Firmen und ihre neuesten Produkte jederzeit online erreichbar. Holtzbrinck hat nicht nur ein soziales Portal gekauft sondern eine ganze Generation zukünftiger Konsumenten."
Dem ist nicht viel hinzuzufügen, nur ein kleiner, abschließender Aufruf an alle nicht Käuflichen:
Es wird - allerspätestens jetzt - wieder mal Zeit für eine Massenbewegung: Die massenhafte Profil-Löschung im studivz!

1/04/2007

Ma saangn: Überraschungsgast

Karl Marx: "Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein."

Der Mann war eben ein Genius und hätte sicher auch gesagt: Die erste (i.e. wichtigste) Freiheit des Schuhmachers bestünde darin, kein Gewerbetreibender zu sein.
Letzteres würde der Gast-Marxist, der ersteren Satz auf der Jubiläumsfeier der Deutschen Journalistenvereinigung zitierte, sicher sehr anders sehen. Es war Bundespräsident und Grüß-Horstl Köhler. Doch echt! Zwar wird ja auch Bert Brecht inzwischen gerne bei Gebäudeneueinweihungsfeierlichkeiten bemüht, bemerkenswert ist das aber schon, dass ausgerechnet der ausgerechnet den... und stimmen tut´s auch noch, was die beiden sagen.